Music and Theory, Black and White. Die musiktheoretische Ausbildung an den Historically Black Colleges and Universities im späten 19. und frühen 20. Jh. und der Einfluss auf den frühen Jazz
In diesem Vortrag geht es um die Frage, welchen Einfluss die Ausbildung an den Historically Black Colleges and Universities (HBCUs) auf die Entwicklung schwarzer Jazzmusiker*innen und ihrer Musik gehabt hat. Dabei soll ebenfalls diskutiert werden, inwieweit ›positive‹ und negative Vorurteile und der Geniekult die ästhetischen Wertvorstellungen und die historischen Narrative des Jazz geprägt haben.
Die HBCUs haben seit ihrer Gründung massgeblich zum ›Racial Uplift‹ der ›Black Community‹ beigetragen. Die Musikausbildung an den HBCUs zielte im späten 19. und frühen 20. Jh. vor allem darauf ab, Musiklehrer*innen für die Schulen und Universitäten im ganzen Land hervorzubringen. Nicht zuletzt deshalb hatten die HBCUs auch eine gewichtige Stimme in der Debatte um die ›Future of Black Music‹ (›Classical‹ vs. ›Popular‹).
In der Jazzforschung ist die Rolle der HBCUs bisher kaum diskutiert worden. Durch die Fokussierung auf das Leben und Werk herausragender ›Jazz Heroes‹ wurde der Blick auf den musikalischen Ausbildungshintergrund der ›Black Community‹ gleichsam verstellt. Gleichzeitig ist die Professionalität der Ausbildung – insbesondere schwarzer Jazzmusiker*innen – unterschätzt worden und man hat ihnen nicht selten ein Autodidaktentum angedichtet. Dabei hatten viele der Protagonist*innen des Jazz entweder selbst an HBCUs studiert oder waren von Lehrer*innen unterrichtet worden, die an HBCUs ausgebildet worden waren. An den HBCUs wurde das musikalische ›Handwerk‹ bis weit ins 20. Jh. anhand ›klassischer‹, europäischer Musik und nach ›klassischen‹ Lehrplänen vermittelt. Diese waren nach dem Vorbild der führenden US-amerikanischen und europäischen Konservatorien entworfen worden und umfassten neben Instrumental- und Gesangsstudiengängen auch musiktheoretische Disziplinen (Harmonielehre, Kontrapunkt etc.).
Philipp Teriete ist international als Pianist, Komponist und Forscher tätig. Seit September 2020 unterrichtet er als Dozent für Musiktheorie an der Hochschule Luzern – Musik und arbeitet parallel dazu an der Hochschule für Musik Freiburg im Breisgau an seinem Promotionsprojekt zum Thema »The Influence of 19th-Century European Music Theory on Early Jazz«. Philipp Teriete studierte von 2006 bis 2014 Klavier und Musiktheorie an der HfM Freiburg sowie im Austausch an der Royal Academy of Music London und am Conservatoire National Supérieur de Musique Paris. 2014 bis 2015 folgten ein Studium im Fach Jazz Composition an der Norwegian Academy of Music Oslo (bei Geir Lysne, Helge Sunde) und von 2015 bis 2017 ein Master of Jazz Studies an der New York University (Piano/Composition bei Gil Goldstein, Alan Broadbent, Andy Milne, John Scofield u.a.). Für Veröffentlichungen und weitere Informationen siehe
In Kooperation mit der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft (SMG), Sektion Luzern