Die klingende Forschungsveranstaltung Re-Search des diesjährigen Szenenwechsels beschäftigt sich mit einer zentralen Komposition des klassischen Instrumentalmusik-Kanons, mit Johann Sebastian Bachs Chaconne in d-Moll. Ein ganzer Kosmos an musikalischen und aussermusikalischen Bezügen eröffnet sich mit und in diesem Stück:
Basierend auf einem Bass-Variationen-Modell überführt Bach improvisatorische Musikpraktiken in die Schriftlichkeit sowie Tanzmusik ins Körperlose. Er bezieht sich auf berühmte Vorgänger-Kompositionen dieser basses danses, die in ganz unterschiedlichen Genres erklungen sind; und verarbeitet möglicherweise, tief eingewoben und nahezu versteckt, Choralzitate. Das aussergewöhnlich sorgsam niedergeschriebene Manuskript der Partiten deutet zudem auf einen besonderen Status der Kompositionen für Bach hin.
Da die biographischen Umstände und das genaue Datum der Entstehung (zwischen 1704 und 1720) letztlich ungeklärt bleiben, sind aussermusikalische Bezüge Konstrukte – so auch die Verbindung zum Tod von Bachs erster Frau Maria Barbara. Sicher bleibt jedoch, dass die Bach’sche Chaconne Violinist*innen fordernd auf die Probe stellt und mit dem Ausloten der klanglichen und technischen Grenzen des Instruments sowie ihrer Reichhaltigkeit und emotionalen Kraft eine starke Auswirkung auf Generationen von Geiger*innen und Komponist*innen zeitigte und immer noch zeitigt: Johannes Brahms konnte sich der Chaconne am besten über eine hinzugefügte Klavierstimme nähern, Felix Mendelssohn Bartholdy und Ferruccio Busoni widmeten sich Neubearbeitungen bzw. Transkriptionen, ebenso wie sich in neuerer Zeit beispielsweise die Schweizer Komponistinnen Iris Szeghy und Helena Winkelmann zu eigenen Werken inspirieren liessen. Die Re-Search des Szenenwechsels spürt diesen vielfältigen Facetten der Bach’schen Chaconne im Austausch zwischen Praktiker*innen und Theoretiker*innen nach.
Die musikalischen Beiträge und Statements werden gestreamt, gleichzeitig wird ein digitaler Raum (über Zoom, nur mit Anmeldung) zur Diskussion der Beiträge zur Verfügung stehen. Anmeldung per Mail an musikforschung@hslu.ch auch noch während der Veranstaltung möglich.
Programm
10:00 Uhr, Begrüssung (Zoom, Teilnahme nur mit Anmeldung)
Prof. Dr. Antonio Baldassarre
Dr. Christine Fischer
10:05 Uhr, Pre-Talk
Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Wollny, Direktor des Bach-Archivs Leipzig und Gastprofessor an der Hochschule der Künste Berlin im Gespräch mit Dr. Christine Fischer
10:25 Uhr, Musik
Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)
Chaconne in d-Moll aus der Partita No 2 BWV 1004
Renato Wiedemann, Solovioline
10:40 Uhr, Statement mit Musik: Chaconne und Passacaglia
Prof. Leila Shayegh, Schola Cantorum Basiliensis FHNW
10:50 Uhr, Diskussion (Zoom, Teilnahme nur mit Anmeldung)
11:05 Uhr, Statement: Bachs Ciaccona BWV 1004. Ein Tanz?
Dr. Hanna Walsdorf, Hochschule für Musik und Theater «Felix Mendelssohn Bartholdy» Leipzig
11:15 Uhr, Statement: Where do Chaconne and Passacaglia come from?
Prof. Dr. Susan MacClary, Case Western Reserve University
11:30 Uhr, Musik
Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)
Transformation I für 4 Violen (2000), Arrangement der Chaconne von Ichiro Nodaira
Isabel Charisius, Fabian Aschwanden, Gregor Bugar, Katrin Burger, Viola
Isabel Charisius, Einstudierung
11:45 Uhr, Diskussion (Zoom, Teilnahme nur mit Anmeldung)
12:00 Uhr, Musik: IN RESONANCE für Viola und Stimme (2021)
Charlotte Hug, Dozentin für freie Improvisation, Hochschule Luzern – Musik
12:10 Uhr, Statement: Musik mit Musik. Das Werk ist Netzwerk
Prof. Johannes Kreidler, Musik Akademie Basel, FHNW
12:20 Uhr, Statement: Digital Listening of the Chaconne
Dr. Paula Harper, Columbia University in the City of New York, The Department of Music
12:30 Uhr, Musik
Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)
Arrangement der Chaconne für 8 Saxofone von Beat Hofstetter (2020/2021)
Eliska Holeckova, Robin Bartholini, Nadine Speziga, Rafael Frei, Sofia Perolo, Juan Contreras
Beat Hofstetter und Sascha Armbruster
12:45 Uhr, Zusammenschau (Zoom, Teilnahme nur mit Anmeldung)
Prof. Dr. Matthias Tischer, Hochschule Neubrandenburg
12:55 Uhr, Diskussion (Zoom, Teilnahme nur mit Anmeldung)
Anmeldung
Die musikalischen Beiträge und Statements werden gestreamt, gleichzeitig wird ein digitaler Raum (über Zoom, Teilnahme nur mit Anmeldung) zur Diskussion der Beiträge zur Verfügung stehen. Interessierte können sich ab sofort und auch noch während der Veranstaltung per Mail unter musikforschung@hslu.ch anmelden. Der Link wird per Mail zugestellt.