Betriebliche Gesundheitsförderung sollte nicht Wirtschaftsunternehmen vorbehalten sein, befand das Departement Soziale Arbeit der Hochschule Luzern vor rund vier Jahren. Deshalb startete ein Expertinnenteam das Projekt Corporate Health in Orchestra mit dem Ziel, zusammen mit der Philharmonia Zürich erstmals im deutschsprachigen Raum ein systematisches betriebliches Gesundheitsmanagement für ein Orchester zu erarbeiten. Vor wenigen Wochen wurde es abgeschlossen.
Forschungsleiterin Monica Basler ist zufrieden: «Die Musikerinnen und Musiker sowie die Orchesterverantwortlichen bezeichnen das Projekt als gesamtes sowie die daraus abgeleiteten Massnahmen als gelungen. Sie fühlen sich wertgeschätzt, weil sich die Philharmonia Zürich dem Thema überhaupt angenommen hat.» Die grosse Mehrheit habe zudem angegeben, dass Gesundheit heute ein wichtiges Thema im Orchester sei.
«Eine derart objektivierende Studie wie diese hat es bei uns zuvor nie gegeben», bestätigt Hans-Peter Achberger, Präsident des Orchestervorstands, jüngst in der Schweizer Musikzeitung.
Massnahmen hinsichtlich Kommunikation ergriffen
Dass die Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements in einem Berufsorchester sinnvoll ist, hat zu Beginn des Projekts die Befragung der Philharmonia-Musikerinnen und -Musiker gezeigt: Der grösste Belastungsfaktor ist die Lautstärke im Orchestergraben. Ebenfalls als strapaziös erleben die Orchestermitglieder die Körperhaltung, die hohe Temperatur und die ungenügende Beleuchtung im Orchestergraben.
Aufgrund dieser Resultate hat eine Arbeitsgruppe bestehend aus Orchestervorstand und Orchesterdirektion einen detaillierten Massnahmenkatalog erstellt. «Mit der Einführung kommunikationsfördernder Massnahmen wie unter anderem Organisationsschulungen und Supervisionen für den Orchestervorstand konnte das soziale Klima verbessert werden», sagt Monica Basler. Zudem wurde die Infrastruktur im Hinblick auf die Gesundheitsförderung angepasst: Das Orchester schaffte neue Pultbeleuchtungen und Stuhlgarnituren an, richtete Duschen für die Musikerinnen und Musiker ein und schaffte ein Massage-Angebot.
Weitere Verbesserungen sind nötig
Damit ist die Gesundheitsförderung im Orchester aber nicht abgeschlossen, Basler ortet weiter Optimierungspotenzial. «So gestaltete sich die Umsetzung gewisser Massnahmen schwierig, da dem Orchester betriebliche Strukturen sowie entsprechend qualifizierte Mitarbeitende fehlen, die den Projekt- und Umsetzungsprozess steuern können. Zudem konnte die Belastung aufgrund der hohen Lautstärke im Orchestergraben noch nicht massgeblich reduziert werden», sagt sie.
Auch Achberger gibt zu bedenken, es sei nun wichtig, dass die Veränderungsprozesse nicht stagnieren, sondern langfristig vorangetrieben und reflektiert würden. «Wir müssen uns proaktiv um die Gesundheit kümmern. Die Lösungen liegen im Betrieb selbst und nicht in den Arztpraxen», sagt er und ist überzeugt: «Wenn im Betrieb Resonanz herrscht, klingt das Orchester noch besser.»