Das Projekt «Silk Memory» der Hochschule Luzern erforscht die Geschichte von 200 Jahren Zürcher Seidendesign, von Firmen wie Abraham bis Weisbrod-Zürrer. «Die Seidenindustrie hat massgeblich zum Reichtum der Schweiz beigetragen», sagt Alexis Schwarzenbach, Historiker und Co-Leiter des Projekts Silk Memory. «Trotzdem spielt es im kollektiven Bewusstsein unseres Landes kaum eine Rolle.» Um das zu ändern, will die Forschungsgruppe Produkt & Textil der Hochschule Luzern – Design & Kunst das textile Erbe wissenschaftlich aufbereiten. Dafür hat sie bereits ein physisches Archiv und eine Textildatenbank an der Hochschule Luzern aufgebaut mit Objekten aus privaten Archiven und öffentlichen Gedächtnisinstitutionen sowie Textilien von Forschungs- und Studierendenprojekten. Eine repräsentative Auswahl der Objekte wurde digitalisiert, verschlagwortet und online gestellt – für Lehre, Forschung und als Inspirationsquelle für zeitgenössische Designerinnen und Designer. «Mit ‹Silk Memory› wollen wir historische Textilbestände archivieren und gezielt nutzen, um so neue Formen der Wissensvermittlung zu schaffen. Das Webportal ist auch eine hervorragende Quelle für Designerinnen und Designer», sagt Andrea Weber Marin, Co-Leiterin des Projekts.
5'000 Einträge geplant
Das Webportal «Silk Memory» (silkmemory.hslu.ch) umfasst derzeit rund 3‘000 Einträge. 5‘000 sollen es werden, aber die Software kann auch mehr verarbeiten. Das Portal, für das die Forscherinnen und Forscher gemeinsam mit dem Designstudio Astrom/Zimmer aus Zürich eine Benutzeroberfläche entwickelt haben, präsentiert textile und visuelle Quellen und erlaubt eine Suche nach diversen Kriterien. So kann man nach textilen Mustern und Fotodokumenten einzelner Firmen suchen, nach der Entstehungszeit der Objekte oder nach der Funktion der Stoffe: Wurden sie für Bekleidung oder für die Innenausstattung genutzt? Bei den Textilien ist zudem eine Eingrenzung nach verschiedenen Techniken möglich: War es ein Jacquardgewebe, eine Wirkware, ein Flockdruck? Wie wurde der Stoff veredelt: Wurde er beschichtet, gefilzt oder gestanzt? Da Mehrfachnennungen möglich sind und die Digitalisate nach einem strengen, aber logischen Raster kategorisiert wurden, ergeben sich unzählige Kombinationen. Auch die Suche nach Ikonografien wird unterstützt: Wer etwa einen Stoff sucht, der Fauna- und Floramotive aufweist oder Ornamente mit geometrischen Mustern kombiniert, wird fündig.
Einblick in Produktions- und Designprozesse
Einen Einblick in die industriellen Produktions- und Designprozesse erhält man über das Bildmaterial: Fotodokumente aus den Firmenarchiven wurden ebenfalls kategorisiert und verschlagwortet. Sie zeigen alle Stationen der textilen Produktionskette vom Rohseidenhandel und der Seidenprüfung über die Garnproduktion und Gewebeherstellung bis hin zu Marketing und Vertrieb. Zudem gibt es Episoden aus Geschichte und Gegenwart der Seidenindustrie zu lesen. Etwa, wie sich die Designerin und Stylistin Irène Münger für ihr Shirt «Les Archives au Goût du Jour» bereits von der Silk-Memory-Datenbank inspirieren liess.
Die Forschungsprojekte des Kompetenzzentrums Produkt und Textil zur Geschichte der Zürcher Seidenindustrie
Buchpublikation Silk History since 1800: untersucht wird die transnational vernetzte Geschichte der Zürcher Seidenindustrie und in einer wissenschaftlichen Buchpublikation veröffentlicht.
Bilddatenbank Silk Images: eine repräsentative Auswahl von Bildquellen zur Seidengeschichte wird digitalisiert, in einer Datenbank erfasst und zusammen mit textilen Quellen auf dem Webportal Silk Memory online zugänglich gemacht. Enthalten sind Darstellungen von Fabrikanlagen, Werbeaufnahmen und zahlreiche Fotos, die Arbeitssituationen und Produktionsabläufe dokumentieren.
Webportal Silk Memory: ein Textilarchiv wurde konzipiert, dafür Quellen nach einem Kriterienraster ausgesucht, nach musealen Standards erfasst und eine adäquate, leicht verständliche und benutzerfreundliche Oberfläche entwickelt. Das materielle Erbe der Zürcher Seidenindustrie wird dadurch neuen Wertschöpfungen, etwa als Inspiration für zeitgenössische Designerinnen und Designer, zugeführt.
Externe Partner: KIM.bl – Museumsverbund Baselland, Liestal; Astrom/Zimmer GmbH, Zürich; Verein Textilpiazza, Liestal
Finanzierung: Lotteriefonds des Kantons Zürich, Zürcherische Seidenindustrie Gesellschaft ZSIG
Webseite: Forschungsgruppe Produkt & Textil, silkmemory.hslu.ch