Treffsicherheit von Konjunkturprognosen
Blickt man in die Wirtschaftsgeschichte zurück, sieht man ein ständiges Auf und Ab der wirtschaftlichen Entwicklung. Es gab in jüngerer Vergangenheit einige Phasen, wo man «das Ende der Konjunktur» vermutete, weil man sich entweder gerade in einer längeren Boom-Phase befand (wie etwa kurz vor Platzen der «New-Economy-Blase» vor der Jahrtausendwende) oder weil man einen ungewöhnlich schweren wirtschaftlichen Schock erlitt (wie etwa mit der Finanzkrise).
Konjunktur: Ein Auf und Ab
Die Schwankungen der Konjunktur können sehr unregelmässig sein, aber eines ist gewiss: Seit die Marktwirtschaft beobachtet wird, zeigt sie nach einem Abschwung immer wieder einen Aufschwung - und umgekehrt. Wann die Wendepunkte im Konjunkturgeschehen kommen, ist keiner Regelmässigkeit unterworfen.
Was sind Konjunkturprognosen wert?
Die beiden Ökonomen und ehemaligen Konjunkturprognostiker Jörg Döpke und Ulrich Fritsche stellen klar, dass grundlegende Unwägbarkeiten wohl für immer dazu führen werden, dass Konjunkturprognosen ein unsicheres Geschäft bleiben, trotz aller technischen und wissenschaftlichen Fortschritte.
Es ist also damit zu rechnen, dass eine Konjunkturprognose gegenüber dem Tatsächlichen einen Prozentpunkt nach oben oder nach unten abweicht. Nun die gute Nachricht: Konjunkturprognosen sind treffsicherer als eine zufällige Annahme oder eine simple Fortschreibung des jetzigen Zustands.
Datenqualität und -Menge sind entscheidend
Prognosen können aber nur so gut sein wie die Daten, auf denen sie basieren. In der Coronapandemie war beispielsweise für jede Prognose entscheidend, ob mit einer weiteren Welle zu rechnen sei oder nicht. Ökonominnen und Ökonomen bemühten sich natürlich stets, auch hierzu plausible Annahmen in die Modelle fliessen zu lassen. Aber auch sie konnten die Pandemie nicht besser voraussagen als Virologinnen und Virologen selbst. Mit dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine und dessen Folgen tauchen nun abermals neue, ungeahnte konjunkturelle Risiken auf.
Döpke und Fritsche ermahnen daher die Leserschaft von Konjunkturprognosen, jeweils auch deren grundlegende Annahmen und ihre immanente Unsicherheit zu beachten und die Prognostiker entsprechend fair zu beurteilen.
Konjunkturschocks bleiben unwägbar
Die Pandemie hat das Bedürfnis für ein zeitnahes Monitoring der Wirtschaftslage verstärkt. Sie dient als Musterbeispiel, wie ein von aussen kommendes Ereignis sich sehr rasch und signifikant auf den Wirtschaftsverlauf auswirken kann. Im Frühjahr 2020, als die erste Welle hereingebrochen war, war es noch äusserst schwierig abzuschätzen, wie sich die Wirtschaft mittelfristig von den weltweiten Lockdowns erholen würde. Eine lange und tiefe Rezession vom Kaliber der 1930er Jahre konnte nicht ausgeschlossen werden. Wir dürften es zu guten Teilen auch dem beherzten fiskalpolitischen Handeln der USA und der EU verdanken, dass es global nicht zu einer grösseren konjunkturellen Abwärtsspirale gekommen ist. In der Schweiz haben Kurzarbeit und Coronakredite gewirkt. Dass wirtschaftspolitisch so weitreichende Massnahmen ergriffen wurden, hatte sicherlich auch mit deutlich pessimistischen Konjunkturprognosen zu tun – womit diese sich selbst widerlegt haben. Ziel erfüllt!