Übergewicht hat sich auch in der Schweiz zur Volkskrankheit entwickelt. Die Folge sind chronische Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes. Mit einer nachhaltigen Lebensstilveränderung, die auf ausreichend Bewegung und ausgewogener Ernährung basiert, können diese Krankheiten geheilt oder verhindert werden. Vielen Betroffenen fällt es jedoch schwer, ihren Lebensstil dauerhaft umzustellen: Die Herausforderungen des Alltags – etwa Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen – und die Macht der Gewohnheit führen zum sogenannten Jo-Jo-Effekt. Doch wie lässt sich dies verhindern?
Immer wieder neue Ziele setzen
Den eigenen Lebensstil zu verändern ist kein Prozess, der sich abschliessen lässt, so eine Haupterkenntnis des Forschungsteams. Das Dranbleiben bringt den langfristigen Erfolg: «Betroffene müssen sich immer wieder neue Ziele setzen, aktiv darauf hinarbeiten und den eigenen Fortschritt überprüfen», erklärt Projektleiterin Adrienne Schäfer von der Hochschule Luzern. «Bezogen auf ein Bewegungsziel könnte das bedeuten, dass ich mir vornehme eine bestimmte Schrittmenge pro Woche zu absolvieren. Dies setze ich um, indem ich 3-mal wöchentlich mindestens 30 Minuten jogge und am Ende der Woche mit dem Schrittzähler überprüfe, ob ich mein Ziel erreicht habe.»
Die Studie der Hochschule Luzern verdeutlicht: Eine Lebensstilveränderung ist eine konstante Herausforderung. «Erfahrungsberichte von Personen, die erfolgreich den Lebensstil geändert haben, zeigen, dass man auch nach Jahren permanent dranbleiben muss», so Schäfer. Zudem sollten sich Betroffene darüber im Klaren sein, welche Formen der Belohnung für sie eine Rolle spielen und das Dranbleiben unterstützen. «Für manche ist der zufriedene Blick auf den Schrittzähler Belohnung genug, anderen ist es wichtig, ihren Erfolg zu teilen oder Komplimente zu erhalten», erklärt die Studienautorin.
Bedeutung von Apps steigt
Technische Hilfsmittel wie Apps spielen bereits heute eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung eines gesunden Lebensstils. Ihre Bedeutung dürfte laut den Studienergebnissen weiter steigen. «Häufig übernehmen die technischen Hilfsmittel Kontrollfunktionen, für die Betroffene früher den Arzt oder die Apotheke aufsuchen mussten», erklärt Schäfer. Apps haben aber nicht nur einen funktionalen Nutzen, wie den Blutzucker zu kontrollieren oder die Anzahl Schritte zu messen. Sie können auch emotionalen Nutzen stiften, indem sich die eigenen Erfolge mit der Community teilen lassen. «Das Teilen von Erfahrungen und Erfolgserlebnissen, aber auch von Rückschlägen, stärkt den emotionalen Rückhalt von Betroffenen und unterstützt damit das Dranbleiben», erklärt Schäfer.
Privates Umfeld bleibt wichtig
Auch wenn digitale Kanäle und technische Hilfsmittel durch die Corona-Pandemie stark an Bedeutung gewonnen haben, bleiben Vertrauenspersonen und der persönliche Kontakt wichtig, um einen gesunden Lebensstil beizubehalten. Neben dem privaten Umfeld wie Familie und Freunde haben Betroffene oft eine zentrale Vertrauensperson, etwa den Arzt oder die Ernährungsberaterin, die sie regelmässig treffen. Erst wenn ein gewisses Mass an Vertrauen aufgebaut wurde, ergänzen digitale Kanäle den persönlichen Austausch oder werden teilweise sogar bevorzugt.
Das heisst aber nicht, dass das persönliche Umfeld an Bedeutung verliert. Mit Abstand am meisten Unterstützung für die Aufrechterhaltung eines gesunden Lebensstils erhalten Betroffene auch im späteren Verlauf der Umstellung von Ärzten, der Familie und Personen, mit denen sie zusammenleben. «Durch die breite Unterstützung aus dem Umfeld erreichen die Betroffenen einen höheren Grad an Autonomie und können ihren gesunden Lebensstil langfristig aufrechterhalten», erklärt Schäfer.
Betroffene vernetzen und Umfeld einbinden
Die Autonomie fördern auch niederschwellige Angebote, die auf einer stärkeren Vernetzung der Anbieter im Gesundheits-Ecosystem basieren. Beispielsweise können Ärzte als «Gatekeeper» betroffene Personen miteinander vernetzen. So erhalten Patientinnen und Patienten Informationen von anderen Betroffenen aus erster Hand. Dies entlastet die Arztpraxis und senkt die Gesundheitskosten. Auch lohnt es sich, das soziale Umfeld der Betroffenen einzubeziehen: Bieten Krankenkassen etwa Kochkurse für Partner*innen der Betroffenen an, lässt sich der Alltag leichter bewältigen. Von solchen Präventionsmassnahmen profitieren langfristig nicht nur die Krankenkassen, sondern das gesamte Gesundheitssystem.
Lifestyle Change durch nachhaltige und personalisierte Interventionen
Das von Innosuisse geförderte Forschungsprojekt wurde gemeinsam mit den Praxispartnern mycoach.ch, CSS Versicherung und DR. BÄHLER DROPA AG entwickelt.
Weitere Informationen zum Projekt gibt es HIER.