«Auch in die Verwaltung kann man neue Musik bringen», erklärte Christian Jott Jenny, Gemeindepräsident von St. Moritz im Einstiegsreferat zum 6. Luzerner Management Forum (LMF) am 31. Oktober im Luzerner Grand Hotel National. Laut dem politischen Quereinsteiger, der sich auch als «Systemirritator» bezeichnet, braucht es dazu vor allem eines: «Changemanagement in den Köpfen». Dies gelinge ihm insbesondere dadurch, dass er viele Fragen stelle. «Beim Kleinen ansetzen, etwas ausprobieren und es einfach mal anders machen», dies sei der Impuls, der die Dynamik zur Veränderung auslöse.
Kulturwandel durchlaufen
Der Kanton Aargau setzt mit der Strategie «SmartAargau» auf die Modernisierung und digitale Transformation der Verwaltung. Neben administrativer Entlastung soll diese zu Bürokratieabbau und stärkerem Kundenfokus führen. Denn «Digitalisierung bedeutet nicht, das Gleiche mit mehr IT zu tun, sondern eine veränderte Haltung einzunehmen, mit der neue Lösungen gesucht werden», betonte Vincenza Trivigno, Staatschreiberin des Kantons Aargau. Um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, brauche es einen Kulturwandel auf verschiedenen Ebenen. So hat der Kanton eine Kerngruppe mit Vertretern unterschiedlicher hierarchischer Stufen und Departemente gebildet, um die digitale Transformation agil voranzutreiben und institutionell zu verankern. Das Umsetzen von kleineren Projekten mit motivierten Mitarbeitenden ermöglicht, «low hanging fruits» zu ernten, rasch erste Erfolgserlebnisse zu feiern und interne Botschafter für diesen Wandel zu gewinnen.
Gemeinsame Werte definieren
Wie motiviert man über 200 Mitarbeitende, von vier verschiedenen Standorten in ein zentrales Verwaltungsgebäude umzuziehen und sich auf neue Zusammenarbeitsformen einzulassen? Vor dieser Herausforderung stand die Stadtverwaltung Zug. Sonya Schürmann, Leiterin Personaldienst, und Stadtschreiber Martin Würmli erklärten am LMF, wie sie die Mitarbeitenden involviert haben und die Werte der neuen Arbeitskultur selber definieren liessen. «Die neue Arbeitsumgebung veränderte nicht nur unsere Kultur, sondern führte auch zu neuen Chancen in der Zusammenarbeit», betonte die Personalleiterin. Die Stadtverwaltung Zug hat auch die internen Prozesse überprüft und den Umzug genutzt, um sich stärker als Dienstleisterin für die Bevölkerung auszurichten.
Auf Augenhöhe kommunizieren
Das visionäre Grossprojekt von Samih Sawiris in Andermatt hat den Kanton Uri nachhaltig verändert. Wie es gelang, diese einmalige Chance zu nutzen und selbst Naturschutzverbände und kritische Landwirte mit ins Boot zu holen, erzählte Regierungsrätin und neu-Ständerätin Heidi Z’graggen eindrücklich. Ihr Rezept: «Verstehen, was ein solches Vorhaben für die Existenz der einzelnen Personen bedeutet, auf die Menschen zugehen sowie auf Augenhöhe kommunizieren.» Nebst striktem Einhalten aller planungs- und baurechtlichen Verfahren und minutiösem Prüfen der Rechtslage, sei es bei einem derartigen Projekt absolut entscheidend, Vertrauen zwischen Investor, Bevölkerung und öffentlicher Hand herzustellen sowie die gesamte Verwaltung an Bord zu haben. «Wir haben als Kanton gemeinsam mit Sawiris daran geglaubt, dass es funktionieren kann und alle haben am gleichen Strick gezogen; auch in schwierigen Phasen», erklärte Heidi Z’graggen in der Rückschau auf das Jahrhundertprojekt.
Sinn aufzeigen und Widerstand ernst nehmen
Zum Ende des Luzerner Management Forums für die öffentliche Verwaltung reflektierte Erik Nagel, Co-Leiter des Instituts für Betriebs- und Regionalökonomie IBR, die wichtigsten Faktoren, um Wandel aktiv und lösungsorientiert zu gestalten. «Man muss den Sinn einer Veränderung aufzeigen und diese aus der Perspektive möglichst aller Beteiligten positiv konnotieren. Denn nur wenn «etwas» Sinn macht und sich für mich lohnt, setze ich mich dafür ein.» Gerade bei grösseren Veränderungen entstehen meistens andere Meinungen und Widerstand. Darum rät der Change-Experte: «Sich nicht rechtfertigen, sondern zuhören und ergründen, woher der Gegenwind kommt. Denn Widerstand entsteht meist, wenn über meinen Kopf hinweg entschieden wird, ich mich nicht gehört fühle, ich mich nicht einbringen kann.»
Auch das 6. LMF zeichnete sich aus durch spannende Referate aus der Praxis von Verwaltung und Politik, die in moderierten Diskussionen vertieft wurden. An den runden Tischen und in den Pausen tauschten die gut 80 teilnehmenden Führungspersonen ihre persönlichen Erfahrungen aus und reflektierten gemeinsam weiter, welche Erkenntnisse in den eigenen Alltag mitgenommen werden können.
Save-the-date: Am Donnerstag, 02. November 2020 findet das 7. LMF statt.
Diese Veranstaltung wurde in Koorperation mit bcp Business Consulting Partner AG organisiert.