Rund 280 Vertreterinnen und Vertreter der Tourismusbranche treffen sich heute Dienstagnachmittag am Zentralschweizer Tourismustag 2015 der Hochschule Luzern und von Luzern Tourismus. Im Zentrum steht die Gastfreundschaft. Passend dazu findet die Veranstaltung in Vitznau auf der Seerose statt, auf der dieses Jahr mit dem Gästival 200 Jahre Gastfreundschaft in der Region gefeiert wurde.
Die Teilnehmenden diskutieren, was Gästen Freude macht und wie die Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit und Herzlichkeit in der Zentralschweiz verbessert werden kann. Denn die Verbesserung der Gastfreundschaft endet nicht mit dem Gästival, sondern ist auch in Zukunft eine tägliche Herausforderung für Touristikerinnen und Touristiker.
Projekt im Rahmen der Neuen Regionalpolitik
Deshalb lancierten die Hochschule Luzern und der Trägerverein des Gästivals vor zwei Jahren das Forschungsprojekt «Stärkung der Gastfreundschaft in der Zentralschweiz» (siehe Box). «Das Gästival bot uns die einmalige Chance, das Thema in der Region rund um den Vierwaldstättersee zu verankern. Gleichzeitig waren die Jubiläumsaktivitäten der Start für eine mehrjährige Sensibilisierungs- und Befähigungskampagne», sagt Projektleiter Jürg Stettler von der Hochschule Luzern. Denn die Förderung der Gastfreundschaft soll auch nach Abschluss des Forschungsprojekts, das bis nächstes Jahr dauert, weitergehen. «Wir wollen den positiven ‹Spirit› des Gästivals nutzen», sagt Stettler.
So ist geplant, in den nächsten Monaten Organisationen und Unternehmen zu gewinnen, die gewillt sind, sich mit Ressourcen und Fachwissen in ein überkantonales Folgeprojekt einzubringen. Unter der Federführung von Luzern Tourismus soll beim Bund ein Gesuch im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) eingereicht werden. Als weitere Partner kommen zusätzliche Tourismusorganisationen aus der Zentralschweiz sowie touristische Leistungsträger in Frage. Die Hochschule Luzern wird das Projekt fachlich begleiten.
Dabei geht es insbesondere darum, die im Rahmen des Forschungsprojekts an der Hochschule Luzern entwickelten Instrumente und Weiterbildungsangebote gezielt zu nutzen, um die Leistungsträger sowie die Bevölkerung weiter zu sensibilisieren und die Gastfreundschaft in der Region noch mehr zu festigen. Zudem soll ein Konzept «Gastfreundschaft für Schulen» entwickelt werden. Schliesslich ist es das Ziel, eine Trägerschaft aufzubauen, die das Thema längerfristig bearbeitet und weiterentwickelt.
Gastfreundschaft umfassend analysiert
Das künftige Team eines Folgeprojekts kann sich auf die Ergebnisse der noch laufenden Forschungsarbeiten stützen. Eine interdisziplinäre Gruppe aus Expertinnen und Experten der Hochschule Luzern hat in den vergangenen zwei Jahren die Gastfreundschaft umfassend untersucht und eine wissenschaftliche Grundlage geschaffen: Sie analysierte die Fachliteratur, sprach mit Experten, Anbietern, Gästen sowie Einheimischen und führte quantitative Befragungen bei Tourismusunternehmen, Gästen und Bevölkerung durch.
«Wir haben das Verständnis und die Dimensionen der kommerziellen und traditionellen Gastfreundschaft erforscht und können nun die Vielschichtigkeit der Gastfreundschaft viel genauer und konkreter beschreiben», sagt Stettler. Es hat sich gezeigt, dass Gastfreundschaft sehr unterschiedlich erlebt wird und aus einer Vielzahl von Attributen besteht, wie zum Beispiel Freundlichkeit, Herzlichkeit, Wertschätzung, Zuverlässigkeit und Authentizität. Diese wiederum können nicht allgemeingültig definiert werden, weil sie von kulturellen und gesetzlichen Rahmenbedingungen eines Landes geprägt sind. Um ein positives Gastfreundschaftserlebnis bieten zu können, braucht es ausserdem hohe Service-, Fach- und Sprachkompetenzen.
Gäste wünschten sich mehr Freundlichkeit und Herzlichkeit
Die quantitativen Befragungen machten deutlich, wie wichtig es ist, Gäste herzlich willkommen zu heissen und sich als Tourismusunternehmen die Bedeutung der Freundlichkeit immer wieder in Erinnerung zu rufen: Für rund die Hälfte der Gäste in der Zentralschweiz ist Gastfreundschaft einer der drei wichtigsten Faktoren bei der Buchung einer Reise. Eine Mehrheit von Vertreterinnen und Vertretern der Tourismusbranche hingegen messen (heute noch) den Gastgeberkompetenzen weniger Bedeutung bei. Die Befragungen zeigten zudem, wo sich die Zentralschweiz verbessern sollte: Die Gäste wünschten sich insbesondere mehr Freundlichkeit, Herzlichkeit sowie Wertschätzung und Respekt.
Basierend auf all diesen Erkenntnissen hat das Forschungsteam Tools für die Sensibilisierung und Stärkung der Gastfreundschaft entwickelt. Etwa die Charta der Gastfreundschaft, die diesen Sommer an 7‘000 Personen verteilt wurde, oder die Workshops zu Gastfreundschaft für Mitarbeitende und Führungspersonen von Tourismusanbietern. Rund 20 Workshops konnte die Hochschule Luzern bereits durchführen.
Die detaillierten Auswertungen der Befragungen sowie die Instrumente und Hilfsmittel zur Stärkung der Gastfreundschaft sind zu finden auf www.gastfreundschaft-zentralschweiz.ch.