Seit zehn Jahren wird am 27. Januar – gemäss Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen und aufgrund einer Initiative des Europarates – weltweit der Opfer des Holocaust gedacht. Während die letzten Zeugen dieses Genozids sterben, breiten sich überall auf der Welt neue Formen von Rassismus, Faschismus und Krieg aus. Angesichts dessen erörtern in Luzern Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Disziplinen – u.a. Kunst, Fotografie, Journalismus, Architektur, Geschichte und Bildung – an einer öffentlichen, fünfteiligen Ringvorlesung ab dem 1. Oktober 2014 folgende Fragen: Was vermögen verschiedene Kunstrichtungen im Angesicht von politischer Gewalt? Kann Geschichte Werte vermitteln? Welche Strategien von symbolischer Politik und Zivilcourage finden sich in der Kunst und in der Bildung? Silvia Henke, Kunstforscherin an der Hochschule Luzern, erklärt: «Die Möglichkeit des Erinnerns ist dem Menschen zwar gegeben, aber die kollektive Erinnerung ist keine Naturerscheinung. Deshalb muss immer wieder nach der Funktion des Gedenkens gefragt werden: Wer bestimmt, woran man sich erinnern soll? Vor allem für Historiker, Pädagoginnen, Kunst- und Medienschaffende ist entscheidend: Mit welchen Mitteln soll erinnert werden?» Besonders in Bezug auf Kriegsgreuel – ob Weltkriege oder aktuelle Konflikte wie z.B. in Syrien und der Ukraine – sei es wichtig, das Thema nicht nur historisch, sondern auch im Hinblick auf aktuelle, symbolische Politik zu erörtern.
Zweitägiges Symposium
An einem Gedenk-Symposium am 11. und 12. Dezember 2014 wird die Diskussion vertieft. Das Symposium wird mit einem Referat von Wolfgang Brückle, Dozent für Fotografiegeschichte an der Hochschule Luzern, unter dem Titel «Kunst im Angesicht der Gewalt, Voyeurismus als Kunstproblem, Kunst am Rand des Scheiterns» eröffnet. Als Gastreferierende an der Ringvorlesung bzw. dem Symposium treten unter anderem auf: Sabeth Buchman (Kunst- und Kulturwissenschaftlerin, Akademie der Bildenden Künste Wien), Alice Creischer (Konzeptkünstlerin, Berlin und Buenos Aires), Daniela Janjic (Autorin und Regisseurin, Berlin), Stefan Keller (Historiker und Journalist, Vizepräsident Paul Grüninger Stiftung, Zürich), Philipp Ruch (Zentrum für Politische Schönheit Berlin), Yvonne Robel (Kulturwissenschaftlerin, Universität Bremen), Therese Schmid-Ackeret (Theologin, Präsidentin Elsbeth Kasser-Stiftung, Horgen) und Klaus Theweleit (Kulturwissenschaftler und Schriftsteller, Freiburg i.Br.).
Beide Veranstaltungen werden vom Departement Design & Kunst der Hochschule Luzern in Kooperation mit den Departementen Soziale Arbeit und Technik & Architektur sowie mit der Pädagogischen Hochschule Luzern und der Universität Luzern durchgeführt. Für Angehörige des Campus Luzern ist der Besuch der Ringvorlesung und des Symposiums gratis. Für externe Gäste beträgt der Eintritt pro Abend oder Halbtag 10 Franken. Der Veranstaltungsort ist jeweils die Hochschule Luzern – Design & Kunst, Baselstrasse 61B, 6003 Luzern.
Das vollständige Programm der Ringvorlesung und des Symposiums findet sich auf der Website www.hslu.ch/ringvorlesung. Eine Anmeldung zum Symposium bis 1. Dezember ist erwünscht über die Mailadresse silvia.henke@hslu.ch.
Programm Ringvorlesung, jeweils mittwochs, von 17.00 Uhr bis
20.00 Uhr
1. Oktober, Silvia Henke – Stefan Keller: Zeugenschaft in Literatur, Film und Geschichtsschreibung
15. Oktober, Peter Gautschi – Christian Gasser: Gewalt verstehen im Geschichtsunterricht und Geschichte vermitteln in der Graphic Novel
29. Oktober, Marie-Louise Nigg – Aram Mattioli: Zivilcourage zwischen Macht und Ohnmacht von politischen und künstlerischen Handlungen
12. November, Therese Schmid-Ackeret – Yvonne Robel: Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit von Opfern und Opferhelfern
26. November, Sabine Gebhardt Fink – Natalee Plagaro Cowee: Critical Monuments / Gedächtnis-Architektur
Programm Symposium
Donnerstag, 11. Dezember
16.00 Uhr, Markus Hodel, Silvia Henke: Begrüssung
16.30 Uhr, Wolfgang Brückle: Kunst im Angesicht der Gewalt, Voyeurismus als Kunstproblem, Kunst am Rand des Scheiterns
17.15 Uhr, Alice Creischer: Zivilcourage und die Militanz von Aktionskunst
19.00 Uhr, Klaus Theweleit: Nach der Shoa, der Karski-Bericht. Zu Vorstellung und Darstellung von Gewalt (Moderation: Silvia Henke)
Freitag, 12. Dezember
9.00 Uhr, Anna Minta: Völkermord, Staatsnarrativ, Denkmalkult: Erinnerungskulturen in Israel
9.45 Uhr, Philipp Ruch: «Ich will die Autoindustrie nicht retten!» Die Produktion von Widerstand und die Rolle des Mutes im Zentrum für Politische Schönheit (Moderation: Wolfgang Brückle)
11.00 Uhr, Hubert Thüring: Primo Levis Erzählen als Erinnern der Zukunft
11.45 Uhr, Daniela Janjic: Die Bühne als Ort der Erinnerung an einen Krieg (Moderation: Marie- Louise Nigg)
14.00 Uhr, Sabeth Buchman: Gedenken proben?
14.45 Uhr, Marina Belobrovaja: Über das ungute Gefühl, immer auf der richtigen Seite zu sein (Moderation: Sabine Gebhardt Fink und Rachel Mader)
15.45 Uhr, Schlussdiskussion Veranstaltungsort: Hochschule Luzern – Design & Kunst, Baselstrasse 61B, 6003 Luzern Website: www.hslu.ch/ringvorlesung