Overview
Institutionen der Behindertenhilfe sollen Schutzräume sein und doch zeigen Studien, dass sie Risikozonen für Gewalt darstellen. Gewalt zeigt sich in verschiedenen Formen:
Direkte Gewalt: durch Mitbewohner:innen oder Fachpersonen
Strukturelle Gewalt: durch starre Abläufe, fehlende Mitsprache
Kulturelle Gewalt: durch entwertende Haltungen oder Tabuisierung
Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen sind besonders gefährdet, viele können Grenzverletzungen nicht benennen oder keine Hilfe einfordern. Zwar bestehen Schutzkonzepte wie Meldestellen oder Schulungen, doch fehlt oft der Einbezug der Betroffenen selbst.
Ziel des Projekts
VIA – Wege der Gewaltprävention will partizipativ gestaltete Produkte entwickeln, die Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen stärken. Im Fokus stehen:
Wahrnehmung und Benennung von Gewalt
Entwicklung alltagstauglicher Handlungsstrategien
Aufbau von Wissen zu Schutz und Selbstwirksamkeit
Methodisches Vorgehen
Gruppendiskussionen mit Bewohner:innen
Online-Befragung von Mitarbeitenden aus Meldestellen und Institutionen
Co-Design und Validierung von Produktideen
Ergebnisse der Gruppendiskussionen
Erfahrungen von Gewalt: Bewohner:innen berichten von körperlicher, psychischer und struktureller Gewalt, oft durch Machtungleichgewichte.
Sicherheit durch Beziehungen: Schutz entsteht durch vertraute Personen, klare Abläufe und verständliche Informationen.
Unabhängige Anlaufstellen: Ombuds- und Vertrauensstellen sind zentral, um Gewalt ohne Angst vor Konflikten zu melden.
Erreichen vulnerabler Gruppen: Unterstützte Kommunikation (Bilder, Piktogramme, Tablets) ist entscheidend.
Kultur der Sensibilisierung: Gewünscht sind Schulungen zu Nähe-Distanz und Selbstbestimmung. Gewaltprävention wird als gemeinsame Aufgabe gesehen.
Ergebnisse der Online-Befragung von Meldestellen
Hohe Betroffenheit: Über 80% berichten, dass Bewohner:innen häufig oder gelegentlich Gewalt erleben – am häufigsten verbale (88%), strukturelle (50%), körperliche (50%) und psychische Gewalt (38%).
Geringe Gewalterkennung: 66% schätzen die Fähigkeit der Bewohner:innen, Gewalt zu erkennen und Hilfe einzufordern, als gering ein.
Unzureichende Nutzung von Meldestellen: In 25% der Einrichtungen wird die Meldestelle nie kontaktiert; ihre Bekanntheit variiert stark.
Bedarf an Aufklärung: Gefordert werden kontinuierliche Schulungen in Leichter Sprache, praxisnahe Materialien und Peer-Formate.
Weiterentwicklung
Die Ergebnisse wurden mit Betroffenen diskutiert. Daraus entstand die Idee eines didaktischen Lehrmittels zur Gewaltprävention, das gemeinsam mit Fachpersonen und Betroffenen entwickelt wird. Es soll Bewohner:innen befähigen, Gewalt zu erkennen, Grenzen zu setzen und Schutzmöglichkeiten wahrzunehmen.
Erwartete Wirkungen
VIA versteht Prävention als gemeinsamen Prozess des Verstehens, Gestaltens und Stärkens – für eine Behindertenhilfe, die schützt, beteiligt und befähigt.