Wohl nie war Musik so deutlich beeinflusst von Politik wie im 20. Jahrhundert. Ob als Reaktion auf Krieg und Holocaust, als Ergebnis gesellschaftlicher Revolutionen oder als Resultat von Einmischung durch totalitäre, aber auch demokratische Regimes, die ihre Macht durch teils massive kulturelle Einflussnahme untermauerten. «Im Gegensatz zu jüngeren Musikstilen wie Punk und Rock finden sich in der Klassik und der Neuen Musik jedoch weniger offensichtliche Bezüge zum politischen Geschehen. Doch es gibt sie auch dort», sagt Erik Borgir, Leiter des Studios für zeitgenössische Musik der Hochschule Luzern. Den Beweis dafür tritt das Festival «Wege der Wahrnehmung: Musik und Politik» an, das sich mit Werken befasst, die auf unterschiedlichste Weise eine politische Dimension aufweisen.
Das dreitägige Festival startet am 16. April mit einem Konzert des Ensembles Lunaire. Dieses besteht aus aktuellen und ehemaligen Studierenden der Hochschule Luzern, die sich in ihrer Aufführung unter dem Titel «Der Fremde» mit Fragen nach Identität und Zugehörigkeit auseinandersetzen: Was bedeutet es, «Ausländer» zu sein? Wie lässt sich Fremdheit überwinden und wodurch fühlt man sich einem Land oder einer Tradition verbunden? Zu hören sind dabei z.B. Kompositionen von Klaus Huber (CH), Frederic Rzewski (US) und Peter Ablinger (AT).
Am 17. April stehen unter dem Titel «Paradigmenwechsel» Werke des jungen Komponisten Stefan Prins (BE) auf dem Programm: Sein Schaffen ist beispielgebend für eine Generation, die mit Playstation, YouTube und Facebook aufgewachsen ist. Dargeboten wird eine Schweizer Erstaufführung von Prins spektakulärem, multimedialem Werk «Generation Kill», das mit der Wahrnehmung zwischen realer und digitaler Welt spielt. Das Programm wird ergänzt durch Werke von Mauricio Kagel (AR), Rolf Riehm (DE) und weitere Kompositionen.
Im Kleintheater Luzern finden am 18. April verschiedene Aufführungen unter der Überschrift «Gerechtigkeit» statt. Die Konzerte befassen sich u.a. mit dem Schaffen der Musiker Hanns Eisler (AT/DDR), Luigi Nono (IT) und Louis Andriessen (NL). Sie alle haben gemein, dass sie dem Kommunismus nahestanden und mit ihrer Musik gesellschaftliche Missstände aufzeigten: Andriessens «Workers Union», Nonos «fabbrica illuminata» und Eislers bissige Balladen. «Diese Werke sind Klassiker der Moderne geworden und zeigen, dass Musik sehr wohl politisch sein kann und vielleicht sogar sein muss», so Erik Borgir. Der Eintritt zum Festival «Wege der Wahrnehmung: Musik und Politik» ist frei (Kollekte).
Weitere Informationen finden sich unter: www.hslu.ch/wege-wahrnehmung