Studierende im Ausland befinden sich mittendrin, wenn Welten, Kulturen und Sprachen aufeinanderprallen. Die Schweizer Studentin Larissa Mesmer wird sich immer an den Augenblick erinnern, als sie mit ihren zwei Kommilitoninnen aus Kanada und Vietnam ins niederländische Loopersum fuhr, ein Dorf, das wegen Gasbohrungen immer wieder von Erdbeben erschüttert wurde. Im Gepäck hatten die drei Vorschläge, wie die Gemeinde aus der Krise finden könnte, zum Beispiel mit dem Bau eines Informationszentrums über Erdbebentechnologie für Touristen. Der Bürgermeister von Loopersum prüft die Vorschläge jetzt auf Machbarkeit, und so ist die Präsentation für Larissa Mesmer «das absolute Highlight» ihres Semesters an der Hanze University of Applied Sciences in Groningen. Bevor sie sich für das Auslandssemester entschied, hatte die Master-Studentin am Departement Wirtschaft der Hochschule Luzern jedoch einige schlaflose Nächte. Sie wusste nicht, ob sie es schaffen würde, sich zu organisieren, ob sie Freunde finde oder die Sprachkenntnisse ausreichen. «Heute bin ich froh, dass ich die Chance gepackt habe», so Mesmer.
Vernetzung im Ausbau
«Immer mehr Studierende absolvieren ein Semester im Ausland», sagt Katja Röösli, Leiterin des International Office der Hochschule Luzern. Vor fünf Jahren waren es 90 junge Leute, im Studienjahr 2015/16 bereits 195. Am häufigsten zieht es Studentinnen und Studenten der Departemente Technik & Architektur sowie Wirtschaft ins Ausland. 150 von ihnen gingen im letzten Studienjahr für ein Semester an eine Partnerschule. «Englischsprachige Länder sind besonders beliebt, aber die Nachfrage nach aussereuropäischen Destinationen wie Australien, Japan, China oder den USA steigt. Dort haben die Departemente in den letzten Jahren viele Kontakte aufgebaut», so Röösli. Aktuell unterhält die Hochschule Luzern Kooperationspartnerschaften mit über 220 Hochschulen, die meisten in Europa.
Schweiz bleibt attraktiv
Auch schreiben sich immer mehr ausländische Studierende für ein Semester an der Hochschule Luzern ein. Vor fünf Jahren waren es noch 105, im letzten Studienjahr bereits 241. Die Zahl derjenigen Studierenden, die über das ehemalige Erasmus-Programm hierherkommen, heute durch das Swiss European Mobility Programme (SEMP) ersetzt, ist laut Röösli ebenfalls weiter angestiegen. Dies trotz «Erasmus- Krise», die eine Konsequenz der Annahme der Initiative gegen Masseneinwanderung im Jahr 2014 war. Als Folge sistierte die EU die Verhandlungen über das Austauschprogramm, und die Schweizer Hochschulen waren gezwungen, bilaterale Verträge mit einzelnen europäischen Hochschulen abzuschliessen.
Die Hochschule Luzern tat dies mit Erfolg, wie die Zahlen zeigen. Einer, dem dieses Engagement zugutekam, ist Architekturstudent Aksel Stave Ervik aus Norwegen. Er absolvierte von Februar bis Juli ein Semester am Departement Technik & Architektur. «Da die Austauschstudierenden hier die gleichen Module wie die regulären Studierenden besuchen, war der Unterricht für mich vor allem sprachlich eine Herausforderung, zumal viele Präsentationen von Kommilitonen auf Schweizerdeutsch gehalten wurden.» Er kämpfte sich jedoch durch. «Ich bekam dafür viele neue Ideen in Bezug auf Architektur.» Begeistert war Aksel Stave Ervik vom Unterrichtsmodul «Swissness». «Es bietet einen unglaublich unterhaltsamen Zugang zur Schweizer Kultur und ist eine gute Plattform, um sich mit anderen ausländischen Studierenden auszutauschen.» Sei es über die hohen Preise von Fleisch und Käse, die selbst einen Norweger verwundern, oder über die nächsten Termine der Velobörse.
Gewohnte Bahnen verlassen
«Reisen veredelt den Geist und räumt mit unseren Vorurteilen auf.» Diesen Satz von Oscar Wilde würde Shathursan Vasanthakumaran sofort unterschreiben. Der Bachelor-Student am Departement Technik & Architektur absolvierte ein Semester an der Universidad de Monterrey und hatte einen gehörigen Respekt davor, nach Mexiko zu reisen. «Doch dort fand ich nützliche Module für mein Wirtschaftsingenieurstudium und konnte mein spanisches Fachvokabular vertiefen», erklärt er und ergänzt: «Ich habe auch viele Vorurteile abgebaut.» Er hatte erwartet, auf sich selbst gestellt zu sein und dass es gefährlich werden würde. Doch er war überrascht, wie hilfsbereit die Mexikanerinnen und Mexikaner waren. «Und gefährlich wurde es nie, auch weil sie uns Ausländern sagten, welche Quartiere man besser meiden solle.» Shathursan Vasanthakumaran wollte einmal aus gewohnten Bahnen ausbrechen, unabhängig von hiesigen Pflichten studieren und leben. «Da die Universidad de Monterrey eine Anwesenheitspflicht von 90 Prozent vorschreibt, war das Gefühl von Freiheit aber doch nicht so gross», sagt er und lacht. Ein Auslandssemester empfiehlt er wärmstens: «Es erweitert den Horizont. Seitdem sehe ich viele Dinge mit anderen Augen und nehme manches gelassener.»
Autorin: Sarah Nigg
Bilder: Ingo Höhn, zVg
Beratung
Die International Offices der Departemente der Hochschule Luzern klären mit Studierenden u. a. folgende Fragen:
- Wann ist der beste Zeitpunkt für ein Auslandssemester?
- Welche Partnerschulen bieten sich an?
- Welches Sprachniveau wird vorausgesetzt?
- Welche Studienleistungen müssen im Ausland erbracht werden, um anschliessend an der Hochschule Luzern nahtlos weiterzustudieren?
- Gibt es eine finanzielle Unterstützung durch den Bund (Teilnehmende am Swiss European Mobility Programme bekommen einen monatlichen Zuschuss von 300 Franken), oder müssen die Kosten selbst getragen werden?
Die europäischen Partnerschulen stehen übrigens auch Dozierenden und weiteren Angestellten der Hochschule Luzern offen.
Weitere Informationen unter: www.hslu.ch/international