Herr Kirchner, sind Sie schon einmal mit einem Elektrorennwagen gefahren?
Ja, das bin ich. Wir führen jeweils Anlässe durch, zu denen wir die von uns gesponserten «Formula Student Electric»-Teams einladen. Da hatte ich die Ehre, mich einmal ans Steuer eines Elektrorennwagens setzen zu dürfen.
Und wie fühlte es sich an?
Wahnsinn. Die Beschleunigung und das Kurvenverhalten waren sehr beeindruckend.
BMW sponsert drei Teams, unter anderem das AMZ-Racing-Team. Was sind die Gründe?
Zum einen ist die Formula Student eine gute Plattform, um Nachwuchsingenieure zu rekrutieren. Wir kommen mit den zukünftigen Fachleuten in Kontakt und bieten ihnen einen Zugang zur Automobilindustrie, sei es durch Praktika, durch Abschlussarbeiten oder durch einen Direkteinstieg. Der zweite Grund ist der Technologietransfer: Unsere Ingenieure unterstützen die Teams mit ihrem Wissen, gleichzeitig sehen sie, was die Studierenden entwickelt haben. Der Technologietransfer geht in beide Richtungen.
Dann lassen sich die BMW-Ingenieure auch von den Studierenden inspirieren?
Selbstverständlich. Die Teams entwickeln viele Komponenten auf ihre eigene Weise, um ihre Fahrzeuge möglichst gut zu machen. Darunter können auch vielversprechende neue Ideen sein. Den E-Motor des AMZ-Teams mit seiner hohen Leistungsdichte beispielsweise haben sich unsere Ingenieure bestimmt genauer angeschaut.
Die Formula Student Electric ist eine Rennsportkategorie, welche Rolle spielt der Wettbewerbsgedanke?
Wettbewerb bedeutet, sich gegenseitig vorwärtszutreiben. Welches Team bringt mehr Innovationen? Wer findet den letzten Kniff, um noch etwas schneller zu sein? Es ist bestimmt kein Nachteil, wenn die Studierenden auf diese Weise zu Neuentwicklungen animiert werden.
Zudem ist es eine gute Vorbereitung auf die Automobilbranche, wo ein harter Wettbewerb herrscht. Diese ist übrigens in der Formula Student Electric sehr gut vertreten. Die meisten deutschen Hersteller sponsern Teams.
Dann ist der Stellenwert des E-Antriebs in der Automobilindustrie hoch?
Ja, das ist er. Die BMW Group hat 2009 beschlossen, in der Formula Student nur noch E-Teams zu sponsern, um diese Technologie zu fördern. Verbrenner bauen können wir ja schon lange. Und es ist ein Ziel, die Elektrifizierung unserer Flotte noch weiter auszubauen.
Reine Elektrofahrzeuge sind auf der Strasse immer noch stark in der Unterzahl. Bis wann wird sich das ändern?
Prognosen sind schwierig, die Verbreitung hängt auch mit der Entwicklung der Infrastruktur, wie beispielsweise Ladestationen, zusammen. Aber sie wird auf jeden Fall zunehmen.
Auch dank den Meldungen über E-Fahrzeuge, die in unter zwei Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen?
Ja, denn die emotionale Komponente ist ein ganz wichtiger Punkt. Wenn Elektrofahrzeuge nicht mehr als Verzichtserklärung, sondern als etwas Begeisterndes wahrgenommen werden, dann steigt das Interesse weiter an. Deshalb ist es wichtig, diese Komponente auch auf die Serienmodelle zu übertragen. Die Elektroautos sollen Spass machen.
Mit welchen weiteren Technologien wird sich der Ingenieurnachwuchs in der Automobilindustrie vertieft befassen?
Ein wichtiges Thema sind die Assistenzsysteme bis hin zum autonom fahrenden Auto. Dafür ist übrigens eine eigene «Formula Student Driverless» vorgesehen, die sich derzeit in der Konzeptphase befindet. Für uns ist das sehr interessant, die Formula Student wird dadurch noch mehr zur Kaderschmiede für die automobile Zukunft.
Interview: Daniel von Känel
Wettbewerb bedeutet, sich gegenseitig vorwärtszutreiben.