Jasmin Solombrino, Studentin der Sozialpädagogik an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit, hat wie viele ein grosses Interesse an Ernährung. Das preisgekrönte Projekt mit dem Titel «Kein Kuchen ist auch keine Lösung»*, das sie für die Stiftung Wagerenhof in Uster realisiert hat, fokussiert aber nicht nur auf Ernährung allein, sondern darüber hinaus auf übergeordnete Themen wie Bildung und Partizipation. Damit orientierte sich die Autorin stark an Strategie und Leitbild der auftraggebenden Institution, für die das Wohlbefinden und die Lebensqualität ihrer Bewohnerinnen und Bewohner mit kognitiver und/oder mehrfacher Beeinträchtigung höchste Priorität hat. Zudem wird im gleichen Masse auch deren maximal mögliche Teilhabe und Selbstbestimmung angestrebt.
Niedrigschwelliges Bildungsangebot
Im Laufe der Projektdauer wurden verschiedene Instrumente entwickelt. Im Rahmen von Bildungsveranstaltungen ging es beispielsweise darum, bereits bestehende Informationsangebote im Wagerenhof zu ergänzen und auf niederschwellige Weise Wissenswertes zum Thema Ernährung zu vermitteln. Ausgangspunkt bildet dabei die Erkenntnis, dass Lernen bei der Entwicklung der eigenen Identität sowie bei selbstbestimmtem Handeln eine zentrale Rolle spielt. Seither beantwortet der sogenannte «Ernährungsordner», der nun in allen Wohngruppen der Stiftung aufliegt, diverse Fragen wie «Was ist eine gesunde Zwischenmahlzeit?» oder «Was sind Proteine?» ergänzt mit Piktogrammen und Fotos. Auch Rezepte werden auf diese Weise detailliert illustriert. Weiter ermöglicht das erarbeitete Instrument der Schöpfhilfe Selbstkontrolle sowie eine erhöhte Sensibilisierung für Ernährung.
Königsmenüs auf der Wunschtafel
Zusätzlich wird nun jeder erste Montag im Monat im Wagerenhof zum Wunschtag. Dann bestimmen die Bewohnerinnen und Bewohner der Stiftung mit, was sie in diesem Monat essen möchten. Auf der von ihnen liebevoll gestalteten Wunschmenü-Tafel «Königsmenüs» können sie ihre Lieblingsgerichte anbringen. Dafür haben sie einen auf Fotos basierenden Katalog zur Verfügung, der mittels internen Umfragen laufend erweitert wird. An die Tafel, die ihren Platz in der Cafeteria der Stiftung gefunden hat, sind positive Erinnerungen geknüpft. Zusätzlich hat sie nun auch die wichtige Funktion als Stelle der Begegnung und des Austauschs erhalten.
Teilhabe als Schlüsselfaktor
Unter Berücksichtigung eines ausgewogenen Ernährungsplans nimmt der Küchenchef dann eine grösstmögliche Anzahl Wünsche auf. Ähnlich entscheidend, wie die Tatsache, dass ihr Lieblingsgericht ausgewählt wird, ist aber für die Beteiligten möglicherweise auch, dass sie durch diese Prozesse Partizipation und Mitbestimmung erleben. Die gemeinsamen Aktivitäten im Rahmen dieses Bildungs- und Teilhabeprojekts weckten somit nicht nur die Lust auf gesundes und unbekanntes Essen, sondern scheinen in der Gemeinschaft auch das Interesse an der Mitgestaltung und am Miteinander weiter positiv gefördert zu haben. Der Preis des Vereins meingleichgewicht in der Höhe von CHF 10'000.– kam dem Spendenfond des Wagerenhofs zugute.
*Offiziell wurde die Arbeit unter dem Titel «Niederschwelliges Bildungsangebot und Teilhabe bei der Ernährung» publiziert.
Bilder: Copyright Stiftung Wagerenhof
Zur Stiftung Wagerenhof
Die Stiftung Wagerenhof im zürcherischen Uster bietet Menschen mit kognitiver und oft mehrfacher, schwerer körperlichen Beeinträchtigung betreute Wohn- und Pflegeplätze, geschützte Arbeits- und Beschäftigungsplätze sowie Ausbildungsmöglichkeiten. Die Stiftung ist konfessionell und politisch unabhängig.
Die Organisation in Zahlen
- Wohnen: 237 Plätze in 34 Wohngruppen für erwachsene Menschen mit Beeinträchtigung
- Tagesstrukturplätze: 228
- Geschützte Arbeitsplätze: 50
- Ausbildungsplätze für berufliche Massnahmen: 10
www.wagerenhof.ch