Fremd- und Selbstverletzungen, Sachbeschädigungen: Herausfordernde Verhaltensweisen wie diese sind in Institutionen des Behindertenbereichs bekannt. Bisher fehlen repräsentative Angaben zur spezifischen Situation in der Schweiz. Dies soll sich nun ändern: Stefania Calabrese und Natalie Lustenberger von der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit erheben gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz Daten, um Handlungsempfehlungen für den agogisch adäquaten Umgang mit herausforderndem Verhalten zu erarbeiten.
Das vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte Forschungsprojekt ist Anfang 2018 angelaufen und auf drei Jahre ausgelegt. Als erster Schritt wird im Mai ein schriftlicher Fragebogen an alle Schweizer Institutionen für Erwachsene mit kognitiven Beeinträchtigungen verschickt. «Das Ziel ist, repräsentative Angaben zu herausforderndem Verhalten – wie etwa Entstehung und Formen – zu erhalten», erklärt Stefania Calabrese, die sich bereits für ihre Dissertation intensiv mit dem Thema befasst hat. «Herausfordernde Verhaltensweisen sind nicht nur Ausdruck der betroffenen Person selbst, sondern immer auch Reaktionen auf ihr Umfeld. Deshalb muss dieses unbedingt mitberücksichtigt werden.»
In der ersten Projektphase werden die spezifischen Situationen in den Institutionen quantitativ erfasst. Diese Daten werden in den folgenden Phasen mittels Interviews, Videoanalysen und Gruppendiskussionen um die Perspektiven der betroffenen Klientinnen und Klienten, der Begleitpersonen sowie der Angehörigen ergänzt. Die Auswertung des umfangreichen Datenmaterials soll Resultate zu Formen und Häufigkeit, Entstehung, Umgang mit und Folgen von herausfordernden Verhaltensweisen von kognitiv beeinträchtigten Erwachsenen in Institutionen des Behindertenbereichs in der Schweiz liefern. Calabrese sagt: «Wir hoffen auf viele Teilnehmende, damit wir die aktuelle Situation in Schweizer Institutionen analysieren und Praxis und Wissenschaft fundierte Daten zur Verfügung stellen können.»