Ausgehend von drei historischen Beispielen untersucht die Dissertation das Verhältnis von Krise, Politik und Kunstkritik. Neben der 1976 in New York von Rosalind Krauss, Jeremy Gilbert Rolfe und Annette Michelson gegründeten Zeitschrift October steht die 1990 in Köln von Isabelle Graw und Stefan Germer lancierte Texte zur Kunst und das seit 1994 in London erscheinende Magazine Mute im Fokus. Die drei Zeitschriften strebten nach einer Erneuerung kunstkritischer Praxis. Vor dem Hintergrund eines von ihnen analysierten nachhaltigen, krisenhaften sozioökonomischen Wandels (Aufstieg Kunstmarkt, Privatisierung, Ausdifferenzierung Kunstbetrieb, ökonomische Krise) suchten alle drei Beispiele eine Aktualisierung politischer Handlungsmacht in der Kunst und Kunstkritik.
Entlang jeweils zentraler Theoriemodelle (u.a. Avantgarde bei October; Kontext bei Texte zur Kunst; Commons bei Mute) und einzelnen in der jeweiligen Zeitschrift ausführlich diskutierten Künstler/innen (u.a. Marcel Broodthaers bei October; Martin Kippenberger, Jörg Immendorf und Merlin Carpenter bei Texte zur Kunst; Gustav Metzger bei Mute) wird das in diesen drei Zeitschriften vertretene Politikverständnis im Hinblick auf die künstlerische Praxis herausgearbeitet. Die politische Handlungsmacht von Kunstkritik wird insbesondere an unterschiedlichen Formate der Selbstrepräsentationen (grafische Identity, Leitartikel, begleitende Publikationen, öffentliche Auftritte), durch Interviews mit zentralen Protagonist/innen und im Vergleich zu anderen, zeitgleich aktiven, kunstkritischen Ansätzen dargestellt. In Textanalysen wird schliesslich die von den hier besprochenen kunstkritischen Ansätzen, benutzte Sprache beschrieben und im Bezug auf das Politikverständnis in Kunst und Kunstkritik untersucht.
Das Dissertationsprojekt leistet einen Beitrag zu einer laufende Krisen-Diskussion in der Kunstkritik (u.a. Christian Demand, James Elkins). Hierbei zeigen die untersuchten Beispiele, dass eine Krise keineswegs auf ein Ende kunstkritischer Möglichkeit hindeuten muss, sondern viel eher eine produktive Ausgangslage bietet für eine Aktualisierung politischer Handlungsmacht.
Promotion am Kunsthistorischen Institut der Universität Zürich. Erstbetreuer ist Prof. Dr. Sebastian Egenhofer, Institut für Kunstgeschichte, Universität Wien, die Zweitbetreuung wird durch Dr. Rachel Mader, HSLU – Design & Kunst, sichergestellt.